Besuch im Bonsaigarten Ferch – Vormittag
In Gesprächen bei Tee wird immer wieder der Bonsaigarten in
Ferch als lohnendes Ziel erwähnt. Nun bot sich mir mal wieder die Gelegenheit,
einen Tag dort zu verbringen. Ich wurde gewissermaßen im Vorbeifahren
abgesetzt.
Da es noch sehr früh war, nutzte ich die Zeit für einen
Spaziergang am See, bei noch leicht trübem, feuchtem Wetter. Noch war alles in
Ruhe getaucht, Vögel sangen verhalten, angenehm.
Ich ging meinen Weg bis ans andere Ende von Ferch und wieder
zurück. Wenige andere waren unterwegs. So verschaffte ich mir Ruhe und Appetit
auf einen schönen Tee, in passender Umgebung.
Der Bonsaigarten mit Teehaus steht immer mal wieder auf
meiner Liste und jedes Mal freue ich mich auf diesen schönen Ort erneut. Ich
beobachte die Veränderungen die über die Jahre hin entstehen, sehe jede
Neuigkeit als interessante Erweiterung.
Zuerst gehe ich durch den Garten, betrachte die gestaltete
Umgebung, das Zusammenspiel von Wasser und Vegetation. Die Anlage ist sehr
schön entworfen und es gibt viele Punkte, von denen man einen interessanten
Blick hat. Obwohl das Grundstück selbst eigentlich nicht sehr groß ist,
beinhaltet es viel Raum, mit vielen Bildern.
Natürlich sehe ich mir die vielen Bonsais an, die immer
wieder eingefügt auf Tischen stehen.
Kleine, große, alte und sehr alte Bäume beeindruckend geformt, eben kleine
Kunstwerke von ganz verschiedenen Baumsorten, die sich hier ideal einfügen, bis
hinzu großen Bäumen, die trotzdem wie Bonsais aussehen.
Aber dann wird es Zeit für den Tee. Noch ist das Teehaus
fast leer. Ich wähle den Platz direkt am Garten mit Blick auf die geharkte
Fläche. Dort kann ich die Ruhe genießen und meinen Blick weit stellen, damit
ich nichts weiter als die Steine und ihre Wellen wahrnehme.
Sitzen, den Tee genießen, leise Geräusche im Hintergrund
lauschen, Natur, Vögel, Wasser, das demnächst kochen wird, eine geflüsterte
Unterhaltung am Nachbartisch… ewig könnte ich so sitzen.
Ich habe einen Gyokuro Tama Homare bestellt. Das ist ein
Schattentee von guter Qualität, „preisgekrönt“. Da ich das Jahr mit Sencha und
Shincha schon gut begonnen hatte, war nun mein Blick auf Gyokuro gefallen und
ich nutzte die Gelegenheit, einen zu probieren. Mit meiner geringen Erfahrung
zu diesem Tee ließ ich mir mehrere Aufgüsse servieren.
Schattentee bedeutet
ja, dass diese Teepflanzen vor der Ernte für eine gewisse Zeit vor Sonnenlicht
geschützt, also abgedeckt werden. Dadurch werden bestimmte bittere Noten nicht
entwickelt und andere Geschmacksrichtungen kommen dadurch stärker hervor.
Und ich muss sagen, dass das schon ein außergewöhnliches Geschmackserlebniss
für mich war. Schon die Farbe des Aufgusses, ein ganz eigenes Grün, etwas trüb
wie das Wasser im Koiteich, der Geruch eher zurückhaltend, aber der Geschmack
dafür unerwartet …boa … nicht ganz so wie Shincha, auf jedenfall grün, intensiv,
süß und dann dieses Spezielle, was man wohl unter „Umami“ einordnen sollte.
Habe zu wenig Erfahrungen, dass ich da speziell was zu sagen könnte. Dieser
Geschmack ist beeindruckend aber sicher
nicht jedermanns Richtung. Ich finde ihn schön und interessant, gerade für
diesen Augenblick, der Zeit fordert, für den Alltag dann doch eher ein Shincha.
Dazu hatte ich einen Mochi „klassisch“ bestellt, weil ich
dachte, dass ich meiner Verdauung vielleicht etwas dazu anbieten sollte. Mochi
ist Klebreis, in diesem Fall mit süßer Bohnenpaste gefüllt, und hat wirklich
eine eigenartig klebrige Konsistenz. Geschmacklich aber sehr interessant und
schön ergänzend zum Tee. Ich hatte mich wegen der Sorte extra beraten lassen
und mich dann gegen den mit Nussfüllung entschieden, damit der Mochi nicht so vordergründig
den Teegeschmack verdrängt.
Jetzt kann ich hier sitzend die Steine betrachten, große
Steine, umgeben von kleinen Steinen, die geharkt, Wasser versinnbildlichen. Ich
möchte mir gar nicht zu intensive Gedanken darüber machen. Mein Blick ist weit
offen und betrachtet das Ganze.
Immer wieder, im geeigneten Moment, wird mir der Tee wieder
aufgegossen. Jede weitere Runde hat einen leicht veränderten Geschmack. Der Aufguss
wird klarer und das speziell umamiähnliche lässt nach, weicht einem intensiven
Shinchageschmack. Der Tee wird leichter ohne einfacher zu werden.
Diese Teeerfahrung gefällt mir sehr gut. Wenn ich die feuchten
Blätter betrachte, typisch japanischer Grüntee, mit jedem Aufguss werden sie
voluminöser, fühlen sich aber durchweg weich an und haben eine sehr schöne
grüne Farbe ohne jedweige Störung durch braune Blattteile oder Stiele.
Irgendwann kommt der Moment, wo mir bewusst wird, dass ich
Abschied nehmen werde von dieser Teesitzung. Ein letzter Blick und ich erhebe
mich, gehe raus in den Ort Ferch, wo mich weitere, andere Erlebnisse erwarten
werden.
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